VAKW Jahresversammlung 2023 in Schaffhausen
Freitag 5. und Samstag 6. Mai 2023
Eine Zeitreise der besonderen Art
Pünktlich um 09:30 Uhr konnte der Präsident eine illustre Besuchergruppe im Hotel Kronenhof in Schaffhausen zum Begrüssungskaffee mit Gipfeli (offeriert vom VAKW) und zum Start der Jahrestagung begrüssen. Das uns vorliegende Programm wurde durch den Vorstand erarbeitet, vorbereitet und vor Ort organisiert. Alle Besucher und Besucherinnen der Jahrestagung, mit integrierter 78. Jahresversammlung des VAKW, waren gespannt auf die in den zwei Tagen folgenden Veranstaltungen.
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Schaffhausen, Blick vom Munot auf die Altstadt. |
Bereits um 10:50 Uhr fand der zweite Programmpunkt im Museum Zeughaus seinen Anfang.
Museum im Zeughaus
Das ehemalige kantonale Zeughaus von Schaffhausen ist heute ein Museum. Dieses Museum beherbergt etliche interessante Ausstellungen. Wir besuchten am Vormittag die Uniformenausstellung; eine Zeitreise durch 250 Jahre Militärwesen.
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Das ehemalige kantonale Zeughaus von Schaffhausen. |
Farbenfroh – feldgrau – getarnt
Die Uniformen vor 250 Jahren dienten der Unterscheidung der Heere; Kopfbedeckung mit quergestellter Mütze, eine farbige Uniform mit glänzenden Knöpfen, hohe Stiefel aus Leder, sowie ein Seitengewehr. Der Soldat war sehr hübsch gekleidet, aber im Felde kaum getarnt. Herr J. Reist, unser Museumsbegleiter meinte, dies sei so gewesen, damit die mit Fernglas ausgerüsteten Generäle ihre kämpfenden Soldaten beobachten konnten. Im Laufe der Zeit wurden die Uniformen etwas sportlicher. Die Farbe und die Stoffe, sowie die Kopfbedeckungen änderten sich.
Füsilier, Schweizer Garderegiment in französischen Diensten, um 1780. |
Schaffhauser Kanonier, um 1830. |
Im Laufe der Zeit wurden die Uniformen etwas sportlicher. Die Farbe und die Stoffe, sowie die Kopfbedeckungen änderten sich.Das Schuhwerk war plötzlich nicht nur aus Leder, sondern Nägel ergänzten die Schuhsohle. Zahnradfinken wurden diese Schuhe bei der Truppe genannt. Die Uniform war aus einem Stoff gefertigt, der an Holzwolle/Gabardine erinnert und die Knöpfe spiegelten nicht mehr in der Sonne. Das, was früher die Krawatte war, war nun ein Stehkragen mit Häftchen. «Sigolin» für die Knöpfe brauchte man in der feldgrauen Zeit nicht mehr, dafür «Cibazol» gegen den wunden Hals.
Füsilier im Winter-Tenue 1914-1918, Eidgenössische Ordonnanz 1898. |
Rotkreuzdienst, Motorfahrerin, Eidgenössische Ordonnanz 1940. |
Von den Nagelschuhen zu den Gummischuhen. Die Bauern freuten sich sehr, haben sie doch mit diesem Wechsel einen feldtauglichen, bequemen Schuh erhalten. Doch beim Einrücken in den WK war so mancher «Kautschukrenner» durchgetreten und die Absätze abgelaufen. Zum Glück gab es Schuhmacher, die mit Zuhilfenahme der Schuhreparaturkiste aus dem Zeughaus, die Truppe wieder marschbereit machten. Uns Besuchern mit etwas selbst erlebter militärischer Geschichte kam so einiges von dem bekannt vor, was uns Herr Reist erzählte. Gegen Ende des Rundgangs sahen wir die moderneren Uniformen mit Gradabzeichen und Metallmedaillen. Für mich war es etwas gewöhnungsbedürftig, dass es plötzlich einen Kampfanzug und keine Uniform mit steifer Kopfbedeckung mehr gab. Die Hutschachtel blieb wohl auf der Strecke, denn die Zeiten des Klappdeckels sind, wie so andere unbequeme Uniformteile, Geschichte.
Die Militäruniform war bei der Damenwelt manchmal höher eingestuft als die eines Polizisten, Feuerwehrmannes oder Postboten.
Mittagessen in der Militärkantine
Die sehr bekömmliche Verpflegung bestand aus Kartoffelsalat, Fleischkäse mit Senf und einer Essiggurke. Sie erinnerte mich an frühere Zeiten. Den Mitgliedern des Vereins Museum im Zeughaus spreche ich ein sehr herzliches Dankeschön aus. Die süsse Nachspeise, Caramelcrème und Kaffee rundeten die Mittagspause ab. Die Kasse des VAKW musste offensichtlich für die Zeche hinhalten. Uns Mitgliedern mit Begleitung bleibt das Mittagessen in bester Erinnerung.
Bomben auf Schaffhausen
Am Nachmittag führte uns Herr Müller kompetent durch die Zeitgeschichte von Schaffhausen.
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Schaffhausen nach der Bombardierung vom 1. April 1944. |
Am 1. April 1944 starben bei einem Bombenangriff auf Schaffhausen 40 Menschen. Wie kam es dazu? Das Wetter war im Gebiet Bodensee / Klettgau und über Schaffhausen leicht bewölkt, deutlich besser als weiter nördlich bis zum Ärmelkanal. Die US Bomber vom Typ B-24 Liberator [1], von England her kommend, hatten den Auftrag, in Ludwigshafen die IG Farben zu bombardieren. Es war bekannt, dass IG Farben chemische Kampfstoffe produzierte. Durch einen Navigationsfehler, vermutlich als Folge des schlechten Wetters, war jedoch die geflogene Flugroute um ca. 200 km nach Süden versetzt. Wie es zu diesem Fehler kam, lässt sich im Nachhinein nicht mehr genau ermitteln [2]. Der Kommandant des Geschwaders stürzte leider ab und konnte keine Auskunft mehr geben.
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Statistical Summary of Operations April 1st, 1944. |
Schaffhausen hatte eine gute Luftschutzorganisation. Die vorsorglichen Brandschutzmassnahmen (Entrümpelung der Häuser) waren abgeschlossen. Der Fliegermelde- und Beobachtungsdienst war auf seinen Beobachtungsposten. Gegen 11 Uhr ertönte ein Luftalarm. Für die Bewohner von Schaffhausen etwas, das zur Tagesordnung gehörte. Nur wenige begaben sich in die Luftschutzräume. Die sich im Freien aufhaltenden Personen waren dann auch ungeschützt dem Bombardement ausgesetzt. Was anschliessend folgte, waren geplante und eingespielte Tätigkeiten einer betroffenen Einwohnerschaft. Die Bevölkerung von Schaffhausen war auf ein Ereignis vorbereitet, die Fürsorge und die Nachsorge waren ebenfalls im Notfallszenarium beinhaltet und eingespielt. Bereits am Nachmittag konnte das Leben wieder in die Normalität übergehen.
Besuch bei IWC
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Eingang zum Hauptgebäude von IWC Schaffhausen. |
Mit dem Besuch bei IWC war ein weiterer Höhepunkt der Jahrestagung organisiert worden. Die Uhren von IWC sind alle mechanisch und in der Ausstellung war sogar ein Exponat, das zusätzlich noch digital die Zeit anzeigte. Ein Uhrwerk ohne Batterie ist ein Meisterwerk, welches mit verschiedenen ineinandergreifenden Zahnrädchen das Ziel hat, uns Menschen in die richtige Zeit zu versetzen. Ob als Taschenuhr (Sackuhr) oder als Armbanduhr erfreut eine IWC-Uhr auch heute eine grosse Anhängerschaft. Eine IWC ist stets ein Unikat und besitzt ihre eigene Produktionsnummer. Ein Explosionsfoto zeigte uns deutlich wie viele verschiedene Arbeitsschritte und Einzelteile nötig sind, damit ein Produkt wie eine mechanische IWC-Uhr entstehen kann.
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Die Einzelteile einer IWC Uhr. |
In verschiedenen Vitrinen sind dann auch die Schmuckstücke zu sehen. Alle ausgestellten Uhren haben ihre eigene Geschichte. Die Sammlung in dieser Ausstellung ist hinter dicken Glasscheiben, nicht vor den Blicken der staunenden Besucher, sondern vor Diebstahl geschützt.
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Das wunderschöne Innenleben einer IWC Uhr. |
Nach dem Besuch des Uhrenmuseums machten sich die Jahrestagungsbesucher auf den Weg zurück zum Hotel Kronenhof. Auf den etwas neueren, elektronischen Geräten zeigte die Wettervorhersage dicke Wolken und aufkommende Regenschauer an.
78. Jahresversammlung des VAKW
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Der Saal des Hotels Kronenhof, vom Rednerpult des Präsidenten aus
gesehen. Gemütliches Beisammensein nach der Jahresversammlung. |
Pünktlich um 17:00 Uhr (vor dem Hotel regnete es) konnte der Präsident Peter Albisser die 78. Jahresversammlung im Kronensaal eröffnen. Sämtliche Traktanden wurden angesprochen und besprochen. Der sehr guten Verbandsführung (gesamter Vorstand) ist es zu verdanken, dass der VAKW sich einer grossen Beliebtheit erfreuen kann. Die Abstimmungen aller Traktanden wurde mit 100%-iger Zustimmung gutgeheissen. Am Ende der Jahrestagung, unter Punkt 10 "Verschiedenes", bemerkte unser Kassier Pierre Kurt, dass Peter Albisser den VAKW bereits 10 Jahre als Präsident vertritt. Ein riesengrosses BRAVO an Peter und den gesamten Vorstand, die geschlossen das 79. Verbandsjahr in Angriff nehmen und sicher wieder etwas Interessantes für die Verbandsmitglieder organisieren werden.
Apéro und Nachtessen
Der Apéro und das Nachtessen fanden anschliessend im Kronensaal statt. Roter und weisser Wein aus dem Klettgau begleiteten das sehr bekömmliche Nachtessen. Kameradschaftliche Tischgespräche wurden geführt und die Vorfreude auf den morgigen Tag war spürbar.
Landsknecht Rundgang durch die Schaffhauser Altstadt
(Sa. 6.5.2023)
Der Wettergott meinte es sehr gut mit uns. Die durch den VAKW-Vorstand vorgenommene Wetterbestellung wurde von übergeordneter Stelle gutgeheissen.
Viele Marktstände und ein emsiges Treiben belebten die Altstadt Schaffhausens. Um 10:00 Uhr, Treffpunkt Landsknechtbrunnen: Ein mit Blumen geschmückter Brunnen, mit einer Landsknecht-Figur, bewaffnet mit einer Hellebarde und der Schaffhauser Standarte. Das Schaffhauser Wappentier, ein gehörnter Schafbock auf gelbem Tuch, leuchtete in der Sonne.
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Der Landsknechtbrunnen am Fronwagplatz in Schaffhausen. |
Vor dem Brunnen begrüsste uns Martin Harzenmoser, gekleidet als Landsknecht und bewaffnet mit einer Hellebarde. Er bat uns, ihm unauffällig auf den Landsknecht Rundgang zu folgen. Bald wurde uns bewusst, wie stolz und verbunden die früheren Bewohner Schaffhausens auf ihr Wappentier waren. Beim Rathaus erzählte uns unser Landsknecht mit Schalk in den Augen und einem verschmitzten Lächeln im Gesicht folgend Geschichte: Sehen Sie an der Fassade des Rathauses diesen halben Schafbock auf dem Steinträger. Die eine Hälfte des Bockes ist ausserhalb des Gebäudes, der «Schafseckel» ist im Innern des Rathauses.
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Schafbock Figur am Rathaus. |
Auf dem weiteren Rundgang durch die Altstadt bestaunten wir viele alte Häuser und wir durften so manche interessante und amüsant vorgetragene Geschichte hören.
Eine Geschichte möchte ich hier aber noch speziell erwähnen. Im Kreuzgang des Klosters Allerheiligen sind die Wände mit Grabplatten versehen. Letzte Nacht war Vollmond und die Sage beschreibt folgendes: Bei Vollmond werden die im Innenhof begrabenen Menschen den Gräbern entsteigen und versuchen, die Inschriften auf den aus Sandstein gefertigten Grabtafeln zu entfernen. Sie möchten damit ihren ewigen Frieden finden. Ein Ding der Unmöglichkeit, denn die Denkmalpflege ist stets bemüht die Grabtafeln wieder zu renovieren.
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Grabtafeln im Kreuzgang des Klosters Allerheiligen. |
Vor dem Kloster hatte unser Landsknecht für uns eine kleine Überraschung. Er entnahm seiner Ledertasche eine kleine Dose mit einem Gebäck – ein Aphrodisiakum aus dem Mittelalter. Jeder bekam ein Versucherli. Ob es wohl gewirkt hat …? Unser Landsknecht fand per Zufall in seiner Tasche auch einen Schlüssel zu einem Vorhängeschloss, welches ein Kellertor neben dem Kloster zierte. Nach dem Öffnen des Schlosses konnten wir einen Keller mit Tonnengewölbe betreten, einen Weinkeller mit Sitzgelegenheit. Letzteres war sehr angenehm, konnten wir doch ein Gläschen Weisswein und weitere Geschichten aus dem Mittelalter geniessen.
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Weinkeller neben dem Münster Allerheiligen. |
Die früheren Schaffhauser mussten sehr trinkfest gewesen sein, gab es doch sehr viele verschiedene Ausdrücke für "Betrunken", "Besoffen" usw. Bei einer Hochzeit wurde mit einer Ration von 4 Litern Wein pro Kopf gerechnet und geplant. Voller Eindrücke über die Jahrestagung machten wir uns auf den Rückweg zum Landsknecht Brunnen. Wir landeten in der Gegenwart und bedankten uns bei unserem Landsknecht Martin Harzenmoser. Er verabschiedete sich und verschwand bewaffnet mit seiner Hellebarde in der Altstadt von Schaffhausen.
Ich freue mich bereits heute mit euch auf den nächsten interessanten und spannenden Anlass des VAKW.
Text und Bilder: Urs Stauffer
Zusätzliche Bilder: Thomas Spahni
Weiterführende Informationen:
Museum im Zeughaus
IWC Schaffhausen Museum