Petrus, Gott der Meteorologie und Schutzheiliger des VAKW war uns bezüglich
Sonnenschein wohlgesinnt, als am Samstag, 28.9.2013 der VAKW seine
traditionelle Herbstexkursion durchführte. Das diesjährige Ziel war der
Kanton Glarus, wo die knapp 25 Teilnehmer/-innen ein abwechslungsreiches
Programm erwartete. Nach der Ankunft am Bahnhof Glarus begrüsste der «neue»
VAKW Präsident Peter Albisser im Restaurant vom Hotel Glarnerhof
die Gruppe. Nach Kaffee und Gipfeli und einer kurzen Carfahrt erreichten wir
am Eingang ins Sernftal bei Sool, in der Nähe von Schwanden, die Lochsite.
Der Name stammt vom Flurnamen Luchsete, einem Schlupfwinkel für Luchse.
Dort empfing Herr Dr.sc.nat. ETH
Markus Feldmann um 10.30 Uhr die Teilnehmer. Über eine elegante
Strassenüberführung erreichte man in wenigen Minuten - versteckt im Wald -
die Lochsite. Dort gab uns Herr Feldmann anhand von zahlreichen Bildtafeln
und Karten einen erdgeschichtlichen Rückblick bis zum Urkontinent Pangäa vor
200 bis 250 Mio. Jahren, und erläuterte das nachfolgende Auseinanderbrechen
Pangäas in einzelne Teile, welche im Laufe der Jahrmillionen als Kontinente
an ihre heutigen Positionen drifteten. Die Theorie der Plattentektonik
beruht auf der Annahme, dass die Lithosphäre, die äusserste 100–200 km
mächtige Erdschale, bestehend aus Erdkruste und oberem Erdmantel permanent
auf der tieferen, heissen und zähflüssigen Asthenosphäre in Bewegung ist.
Der Referent erklärte
anschaulich wie als Folge der Verschiebung der afrikanischen
Kontinentalplatte gegen bzw. auf die eurasische Kontinentalplatte der
heutige Aufbau der alpinen Deckentektonik der Glarner Hauptüberschiebung
entstand und als messerscharfe Trennlinie zwischen verschiedenen
Gesteinsschichten sichtbar ist.
Unterhalb
der Überschiebungsfläche liegt der ca. 35 Mio. Jahre alte helle Flysch
(Eozäne Schiefer), über der Überschiebungsfläche der graugrüne bis
violettrote Veruccano, auch roter Ackerstein genannt, der rund 250–290
Mio. Jahre alt ist. Zwischen den beiden Gesteinsschichten liegt eine dünne
Kalkschicht, der Lochsitekalk. Dieser wirkte als «Schmiermittel» und machte
eine Verschiebung des überlagernden Gesteins um ca. 40 km nordwärts erst
möglich. Die Überschiebung bei rund 350°C fand in mehr als 10 km Tiefe
statt und dauerte vor ca. 35–25 Mio. Jahren bei einer
Überschiebungsgeschwindigkeit von 3–4 mm rund 10 Millionen Jahre.
Nach diesen spektakulären Einblicken in die Erdgeschichte erfolgte die Rückfahrt nach Glarus mit anschliessendem Mittagessen im Seminarraum des Hotel Glarnerhof. Wegen des feinen Essens und der interessanten Gespräche unter den Teilnehmern schlich sich eine viertelstündige Verspätung ein. So startete der Geo-historische Rundgang durch Glarus mit Markus Feldmann erst um 13.45 Uhr.
Ein erster Besuch galt dem Volksgarten mit seinem schönen Baumbestand und
dem Verrucano-Gedenkstein für die Herren J. Heer und Johann Jakob Blumer.
Blumer war 1853 Mitinitiant der Bahnlinie von Ziegelbrücke nach Glarus,
Ständerat und präsidierte diesen 1853, 1860 und 1867. Er war erster
Bundesgerichtspräsident.
Weiter führte der Rundgang vorbei am
Johann Jakob Stäger-Brunnen aus dem Jahr 1961, bestehend aus Liesberger
Kalkstein, in die Altstadt. In der Allmeindstrasse stehen noch die Ecksteine
zum Schutz der Hausecken vor Wagenrädern der Fuhrwerke. Noch heute lässt
sich der historische Baustil in den Gassen ablesen: schmale, zweistöckige
Häuser mit Sprossenfenstern zur Strassenseite und mit Terrassen auf der von
der Strasse abgewandten Seite. In der Bärengasse steht ein stattlicher
Brunnen mit einem Stock und zwei unterschiedlich grossen Becken. Die beiden
Tröge bestehen aus Seewerkalk der oberen Kreide und sind aus je einem Block
gehauen worden. Ganz anders sieht der Berggeistbrunnen aus, welcher 1925 von
Otto Kappeler geschaffen wurde. Eingeweiht wurde der Brunnen 1927. Die
Architekturplastik zeigt den bärtigen Berggeist, Natur und Tierwelt segnend
und die Menschen beschwörend und umringt von Alpentieren. Markant der stolze
Adler auf der rechten Schulter des Berggeists. Als Besonderheit an diesem
Brunnen gilt der Trog aus behauenem Kunststein. Beim Überqueren des
Landsgemeindeplatzes (Zaunplatz) steht seit 1989 an der nordöstlichen Ecke
des Platzes die Steinskulptur von Ulrich Rückriem. Der Granit bleu de Vire
stammt aus der Normandie. Die Stadtkirche wurde nach dem Brand 1863 –
1866 im neuromanischen Stil von F. Stadler als Ersatzbau für die im Brand
zerstörte Vorgängerkirche erbaut. Eine Innenbesichtigung war nicht
möglich.
Der Rundgang führte abschliessend noch zum Rathaus. Sowohl der hellere
Sockelbereich als auch der dunklere grünliche Oberbau bestehen aus
Sandstein. Der Sockelbereich besteht aus granitischem Sandstein, welcher
noch heute in Steinbrüchen im östlichen Mittelland abgebaut wird. Der
Oberbau besteht aus dem sogenannten Weicheren Berner Sandstein.
Anschliessende Rückkehr ins Hotel Glarnerhof, wo uns mit dem Referat von
Markus Gächter, dipl. Ing. ETH, Marty Ingenieure AG über
Frühwarnung und Intervention Hochwasser Glarus der letzte Programmpunkt der
diesjährigen Herbstexkursion erwartete.
Nach einem
kurzen historischen Rückblick auf frühere Linth-Hochwasser kam der Referent
auf das Hochwasser vom August 2005 zu reden, bei welchem die Linth an der
Messstelle Linthbrücke in Mollis am 23. eine maximale Abflussmenge von 402
m³/s führte. Die Strasse nach Elm wurde verschüttet und die Linthebene
unter Wasser gesetzt. Der Autobahntunnel am Walensee führte soviel Wasser,
dass die Personenwagen über den Kerenzerberg umgeleitet wurden. Für
Lastwagen war der Tunnel noch passierbar. Weesen wurde überschwemmt und da
auch der Bahnhof von Ziegelbrücke unter Wasser stand, musste der
Eisenbahnverkehr zwischen Zürich und Chur sowie in Richtung Glarus
unterbrochen werden.
Erst dieses Hochwasserereignis führte zum Aufbau eines Alarmierungs- und Organisationsdispositivs, um auf zukünftige Hochwasserereignisse adäquat reagieren zu können.
Verschiedene Prognoseinstrumente zur optimalen Frühwarnung stehen heute zur Verfügung:
Meteowarnung durch MeteoSchweiz. Das numerische Vorhersagemodell COSMO der MeteoSchweiz dient dabei zur Berechnung der zu erwartenden Abflussmengen.
Das Niederschlags-Abflussmodell PREVAH. Es berechnet Abflussmengen von Bacheinzugsgebieten aufgrund von Niederschlag, Abflusseigenschaften und Verdunstung durch die Vegetation. PREVAH ist operationell für das Einzugsgebiet Linth mit einer Fläche von 600 km².
Mit IFKIS HYDRO, dem interkantonalen Frühwarn- und Kriseninformationssystem, stehen den Sicherheitsverantwortlichen von Kantonen und Gemeinden zahlreiche Applikationen zur Verfügung, welche sie in ihrer Arbeit unterstützen.
IFKIS-HYDRO ermöglicht:
Ablaufschema bei einem Hochwasserereignis:
Bericht: | Arthur Pünter |
Fotos: | Klaus Hager; Pierre Kurt |
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Im Kanton Glarus suchten schon im 15. Jahrhundert die Bauern ihr Auskommen im Viehhandel und im Handel mit Milchprodukten, zu denen damals schon der Glarner Ziger gehörte. In der Neuzeit ab dem 16. Jahrhundert bis etwa 1800 verdienten viele Glarner ihr Brot mit der Reisläuferei. Fast 1'000 Söldner wurden Offiziere und brachten es zu Ruhm und Reichtum. Im 16./17. Jahrhundert blühte der Handel mit Schiefertafeln, -tischen und Strickwaren. Später kam die Handspinnerei auf, nach 1740 die Webereien. Das Aufkommen der Maschinenspinnereien und -Webereien führte ab Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts zu mehreren Auswanderungswellen. 1845 wurde New Glarus im US-Staat Wisconsin von ausgewanderten Glarnern gegründet. Doch schon um 1865 führte das neue «Glarner Wirtschaftswunder» zu einem starken Bevölkerungswachstum. 13'000 Beschäftigte in der Textilindustrie belieferten mit Produkten von höchster Qualität Kunden in der ganzen Welt. Der im Glarnerland erfundene Batikdruck fand als Bettdecke mit orientalischen Motiven in der arabischen Welt grossen Anklang. Den Niedergang der Textilindustrie im 20. Jahrhundert traf die Glarner Wirtschaft hart, doch haben sich heute neu auch High-Tech-Firmen angesiedelt und dem Tourismus kommt heute eine grosse Bedeutung zu.
Die Landsgemeinde findet in der Regel am ersten Sonntag im Mai auf dem Zaunplatz in Glarus statt. Sie ist die Versammlung aller stimmberechtigten Einwohner/innen des Kantons und ist das oberste gesetzgebende Organ des Kantons. An der Landsgemeinde wurde im 19. Jahrhundert als Ausdruck einer sozialen Grundhaltung 1856 die Fabrikarbeit für unter 12-jährige Kinder verboten und das erste demokratisch verabschiedete Fabrikgesetz erlassen, welches u.a. die tägliche Arbeitszeit auf 12 Stunden reduzierte, Nacht- und Kinderarbeit verbot und Vorschriften zur Arbeitssicherheit festlegte.
An der Landsgemeinde vom 7. Mai 2006 wurde die Fusion von 25 Ortsgemeinden und 18 Schulgemeinden zu 3 Einheitsgemeinden — Glarus Nord, Glarus und Glarus Süd — beschlossen.
Die Gemeinde Glarus — bestehend aus den ehemaligen Gemeinden Netstal, Glarus, Riedern und Ennenda — zählt heute (1.1.2013) 12'353 Einwohner; dabei entfallen rund 6'000 Personen auf die ehemalige Gemeinde Glarus.
Glarus vor dem Brand von 1861
Als Brandursache wurde gerüchteweise in der Scheune des Ratsherrn Tschudi ein «Glättofen» vermutet, doch die Ermittlungen konnten den Verdacht nicht erhärten.
Als Sündenbock musste nun ein Betrunkener herhalten, der für den Brand verantwortlich gewesen sei. Aus Dokumenten im Bundesarchiv und auf dem Konsulat in Rom geht hervor, dass die zwei Söldner, Heinrich August Engler und Ulrich Göldi, welche in päpstlichen Diensten gestanden hatten, den Brand am Zaunplatz gelegt hätten. Sie waren 1861 zur Zeit des Brandes in Glarus. 1867 legte Engler im Gefängnis in Rom, wo er wegen Desertation in Untersuchungshaft sass, ein Geständnis ab, den Brand gelegt zu haben. Die Täter wurden nicht an die Schweiz ausgeliefert, sondern in Rom verurteilt.
Autor: Arthur Pünter